Dienstag, 27. April 2010

Lange Nacht und langer Winter für einen Rennofen

Im Zuge der Langen Nacht der Museen im Oktober 2009 konnten wir (Erich Nau und Stefan Eichert) im Innenhof des Stadtmuseums Villach eine experimentalarchäologische Vorführung mit Eisenverhüttung und Bronzeguss gestalten. Im Folgenden wollen wir speziell den Eisenverhüttungsprozess vorstellen:


Am Vortag der Präsentation wurde zunächst der Rennofen aus strohgemagertem Lehm aufgebaut. Er hatte eine Höhe von ca. 1 m bei einem Durchmesser an der Sohle (innen) von etwa 30 cm. Nach oben hin verjüngte er sich auf einen Durchmesser von ca. 20 cm. Im unteren Drittel wurde in die Rückseite eine Düse zur Luftzufuhr eingearbeitet. Solche Ofentypen finden sich beispielsweise im mitteleuropäischen Raum häufig im Frühmittelalter.



Der fertig gestaltete Rennofen vor dem Anheizen


Nachdem der Ofen über Nacht leicht trocknen konnte, wurde er am folgenden Morgen mit einem Holzfeuer angeheizt, um ihn vollständig durchzutrocknen.



Der Rennofen beim Anheizen zum Durchtrocknen


Verschließen der Ofenbrust und Ausbessern der beim Trocknen entstandenen Spannungsrisse


Nachdem der Ofen durchgetrocknet war, wurde er zunächst mit einem Holzfeuer unter Luftzufuhr und in weiterer Folge mit Holzkohle auf Betriebstemperatur (ca. 1300°C) gebracht.



Der Ofen wird auf Betriebstemperatur gebracht. Man beachte die rötliche Färbung im oberen Bereich.


Sobald der Ofen die notwendige Temperatur erreicht hatte, begann der eigentliche Verhüttungsprozess. Der Ofen wurde nun abwechselnd mit Lagen aus Eisenerz und Holzkohle, im Verhältnis 1:1 beschickt. Als Rohmaterial wurde Brauneisenerz vom Hüttenberger Erzberg verwendet, welches einen besonders hohen Eisengehalt aufweist.



Beschicken des Ofens mit Erz und Kohle


Das Eisenerz sinkt nun im Ofenschacht langsam nach unten, wobei schrittweise die Reduktion von Eisenoxid zu metallischem Eisen geschieht. Die Nebenbestandteile des Erzes (Gangart) werden ab ca. 1200°C flüssig und sammeln sich an der Ofensohle. Diese sogenannte Schlacke kann nun durch kleine Löcher in der Ofenbrust abgestochen werden.

Abstich der flüssigen Schlacke an der Ofenbrust.


Beim Rennofenprozess verbleibt das Eisen immer im festen Zustand und sammelt sich in Form der sogenannten Eisenluppe im Bereich vor der Düse. Ca. 6 Stunden nach dem Beginn des Beschickungsvorganges war dieser Punkt erreicht. Gegen Mitternacht wurde der Ofen an der Brust geöffnet und die Luppe konnte entnommen werden.


Öffnen der Ofenbrust und Entnahme der Luppe


Bei der Luppe handelt es sich um ein schwammiges Gefüge aus Eisen mit zahlreichen Einschlüssen von Schlacke und Holzkohle. Unmittelbar nach Entnahme der Luppe wurde diese in einem ersten Schmiedeprozess mit einem Holzhammer bearbeitet und verdichtet.

Verdichten der Luppe mit einem Holzhammer.


Bei diesem Verhüttungsprozess wurden insgesamt ca. 70kg Holzkohle und 16kg Eisenerz verarbeitet. Das Gewicht der gewonnenen Luppe betrug 4kg. Um einen verwendbaren Eisenbarren zu erhalten muss die Luppe im nächsten Arbeitsschritt mehrmals gefaltet und feuerverschweißt werden.

Aus der Luppe geschmiedeter Eisenbarren


Nach der Langen Nacht der Museen stand unserem Rennofen noch ein langer Winter bevor. Er wurde nicht abgerissen, sondern konnte im Innenhof des Museums stehenbleiben. Ziel dieser Aktion war es, den Verfall eines solchen Rennofens zu dokumentieren. Einerseits ging es uns darum, zu ermitteln, wie gut er - ohne Überdachung - Wind, Wetter und Winter standhalten konnte. Andererseits wollten wir die taphonomischen Prozesse dokumentieren und nach dem Abtragen des Ofens im Frühling festhalten, wie sich der Befund im Boden abzeichnet, zumal solche Spuren einen wichtigen Teil der Hinweise darstellen, die von der Archäologie noch von einem ehemaligen Rennofen wahrgenommen werden können.

Der Verfall des Ofens in wöchentlichen Intervallen von Oktober bis April

Teile der innen aufgeschmolzenen Ofenwand.

Der Boden nach dem kompletten Abtragen des Ofens

Abschließend möchten wir allen danken, die am Gelingen des Experiments beteiligt waren. Hier gilt unser Dank den Mitarbeitern des Museums der Stadt Villach, vor allem Kurt Karpf und besonders Sandra Bertel, die sich weder von schlechtem Wetter, noch von meterhohem Schnee davon abhalten ließ, den Rennofen regelmäßig zu fotografieren. Auch Nina Brundke sei an dieser Stelle herzlich für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Langen Nacht der Museen und beim Abbau des Ofens gedankt.

Stefan Eichert und Erich Nau